Perfektion und Selbstannahme - Wie finde ich meinen Platz?
Shownotes
In dieser berührenden Podcastfolge spricht Lukas mit Luna – einer jungen Frau, deren Nasen-OP eine tiefere innere Reise auslöste, als sie erwartet hätte. Hinter ihrer Entscheidung verbarg sich ein Konflikt zwischen Selbstannahme, feministischem Anspruch und dem alten Gefühl, „nicht genug“ zu sein.Wir tauchen ein in Themen wie Perfektionismus, Scham, Selbstwert, innere Kindprägungen, den Druck, gefallen zu müssen, und die Frage: Was darf ich von mir zeigen – und was bleibt in meinem inneren Schutzraum? Luna erzählt von einer Kindheit, in der Anpassung überlebenswichtig war, von einer Mutter, deren Emotionen unberechenbar waren, und einem Vater, der Harmonie um jeden Preis suchte. Nach seinem Tod verschloss sie ihre Verletzlichkeit – und lebte mit der Angst, abgelehnt zu werden, wenn sie sich authentisch zeigt.Wir besprechen, wie sich solche frühen Erfahrungen auf Beziehungen, Selbstbild, Körpergefühl und die Fähigkeit zur Selbstoffenbarung auswirken.
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Transkript anzeigen
00:00:00: Alles, was nicht perfekt ist, was ich nicht perfekt mache, wenn ich nicht perfekt aussehe, damit ich Schuld.
00:00:20: Hallo und herzlich willkommen zum Jakobsweg.
00:00:23: In dieser psychologischen Sitzung habe ich Luna bei mir zu Gast.
00:00:28: Und Luna hatte kürzlich eine Nasen-OP und fühlt sich gerechtfertigt, das allen zu sagen.
00:00:35: Und da hat sie so eine Diskrepanz, dass sie nicht wirklich einen Schutzraum für sich aufmacht.
00:00:40: Und sich fragt, woher kommt denn das, dass sie ständig das Gefühl hat, sich rechtfertigen zu müssen?
00:00:44: Also, woher kommt das, dass sie wenig in Kontakt zu sich selber ist?
00:00:49: Genau darüber haben wir gesprochen und haben uns auf die Reise begeben.
00:00:54: Hallo Luna, schön, dass du da bist.
00:00:55: Hallo
00:00:56: Jakob.
00:00:56: Kannst
00:00:56: du mich auch Lukas nennen?
00:00:57: Oder Lukas?
00:01:00: Du, ich habe deine Zuschrift gekriegt, ne?
00:01:03: Und ...
00:01:04: fragte ich trotzdem, weil das jetzt schon ein bisschen her, mit welchem Thema du da bist.
00:01:07: Weil da waren viele verschiedene Themen da drin in der Zuschrift und vielleicht gibt es ja eines, was ganz aktuell ist, was sich vielleicht doch schon länger begleitet.
00:01:16: Ja.
00:01:17: Ich glaub, das Thema, womit ich vor allem damals gekommen bin, war, dass ich im, ich glaube, es war
00:01:22: Mai,
00:01:23: eine Nasen-OP gemacht habe.
00:01:26: Und dadurch gemerkt hab, dass das doch irgendwie mehr Themen eröffnet hat, als ich ... davor dachte.
00:01:34: Und jetzt ist es natürlich anders als damals im Mai.
00:01:38: Aber ich merke trotzdem, dass es, auch wenn es irgendwie nicht mehr ganz so super präsent ist, aber trotzdem noch da ist.
00:01:45: Ja, vor allem so Sachen wie, kann ich das mit mir vereinbaren?
00:01:48: Ist das okay?
00:01:49: Ist das okay?
00:01:51: Auch wenn ich ... eigentlich sehr feministische Ansichten
00:01:55: habe
00:01:55: und immer Anpreise, dass es wichtig ist, selbstbewusst zu sein und sich selbst zu lieben.
00:02:01: Und hab da so ein bisschen gemerkt, dass in mir so ein innerer Konflikt einfach aufgetaucht ist.
00:02:07: Geht das, kann ich sagen, liebt euch selbst und trotzdem so eine OP machen lassen, ohne dass es sich gegenseitig ausschließt.
00:02:16: Und dann ... Im Zuge dessen auch so ein Rechtfertigungsdruck gegenüber Leuten in meinem nahen Umfeld oder auch Leute, die davon gar nichts wussten, wo ich dann auch später dachte, okay, ist das jetzt was, was ich erzählen muss oder nicht, weil es sich auch irgendwie wie so ein Geheimnis und eine Lüge angefühlt hat.
00:02:35: Vor allem weil ich dann so einen Blick hatte für die Blicke der anderen Leute auf mich und immer das Gefühl hatte, die gucken mich an und die wissen ganz genau irgendwas ist anders, sprechen es aber nicht an.
00:02:45: und dann hatte ich immer diesen Druck so, ja, ja, ich hatte eine OP oder so zu sagen.
00:02:50: Wie so eine Rechtfertigung.
00:02:50: Genau, genau.
00:02:52: Ich glaube auch, weil ich es irgendwie halt selbst versucht habe, vor mir selbst zu rechtfertigen.
00:02:56: Okay, also verstehe ich dich richtig, dass da so eine Disbalance in dir ist zwischen deinen ... Werten und was du nach außen kommunizierst und wie du dann deine OP für dich innerlich bewertest.
00:03:09: Und dann gibt es eine nicht ganz klare Grenze zwischen dem was du für dich behalten möchtest.
00:03:16: Und wo du meinst irgendwie Rechenschaft schuldig zu sein für das was du gemacht hast.
00:03:24: Begegnet dir das in Anerlebensbereichen auch oder ist das so ein Nasenthema?
00:03:29: Der Rechtfertigungsdruck, meinst du?
00:03:31: Ja.
00:03:32: Und aber auch so Abgrenzungsqualitäten, ne?
00:03:35: Weil das ist ja auch viel mit, hey, das bin ich und das behalte ich für mich und das ist mein Schutzraum.
00:03:40: Das muss auch nicht jeder wissen.
00:03:43: Also es begegnet mich auf jeden Fall in anderen Bereichen, das kann ich schon mal sagen.
00:03:48: Und auch so dieses Thema, was du gerade meintest mit der Abgrenzung, kenn ich sehr gut und ... ist auch tatsächlich sehr präsent, auch wenn es im Moment gar nichts Spezifisch dann mit der Nase zu tun hat, aber diese Rechtfertigung, wenn ich irgendwas mache und in dem gleichen Zug irgendwie dieser Anspruch an mich selbst, alles perfekt machen zu müssen oder
00:04:11: nicht.
00:04:13: Also da ist ja auch so ein Perfektionsstreben in dir, die perfekte Feministin zu sein und die Flagge hochzuhalten für alle und dann stark zu sein und dann auf der anderen Seite.
00:04:22: Sprich, diese Handlung innerlich so ein bisschen für dich dagegen.
00:04:25: Ja, genau.
00:04:26: Warum eigentlich?
00:04:29: Warum?
00:04:29: Gute Frage.
00:04:33: Weil, man kann ja auch einfach sagen, hey, meine Nase, fand ich, hat nicht so richtig zu meinem Gesicht gepasst, hab ich angepasst und jetzt hab ich einfach eine Nase, die ein bisschen harmonischer für mich wirkt, fertig.
00:04:46: Ich glaub, das fängt schon vorher an, weil ich das Gefühl hatte, ich war vorher nicht perfekt.
00:04:51: Und ich muss etwas ändern, um wertvoller zu sein oder mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.
00:05:00: Und das hat sich ganz lange nicht vereinbaren lassen.
00:05:07: Weil ich immer das Gefühl hatte, andere Frauen sind von Natur aus hübsch.
00:05:13: Und ich hab's aber nötig, mich erst mal um das Messer zu legen, um ... auch so wertvoll zu sein.
00:05:20: Also ich hab Schönheit, mein Augenschönheit auch sehr mit einem Wert assoziiert.
00:05:27: Den du hast dann für?
00:05:28: Genau, also für andere Menschen, Männer.
00:05:34: Also physische Attraktivität und Begehrtwerden von Männern war dann für dich einfach ein hoher Wert oder ist für dich ein Wert?
00:05:42: Und der passt nicht so zu deiner feministischen Ausrichtung.
00:05:45: Genau.
00:05:45: Und ich merke richtig, wie so zwei verschiedene Stimmen in meinem Kopf sind.
00:05:50: Und die eine sagt so, das hast du doch gar nicht nötig, selbst wenn irgendjemand was gesagt hat mal.
00:05:55: Schönheit liegt im Auge des Betrachters.
00:05:57: Und was zählt, ist selbstbewusstsein und da, da, da, da.
00:06:00: Und dann gibt's aber auch die andere Stimme, die ... und das immer noch sehr darauf aus ist, anderen zu gefallen, weil sie irgendwie diese Bestätigung braucht.
00:06:13: Und das Gefühl hat, wenn sie das nicht bekommt, dann ist sie nicht so wertvoll oder ist sie irgendwie weniger wert.
00:06:25: Fällt dir was auf, wenn du das formulierst?
00:06:28: Nee.
00:06:29: Du nimmst schon in den Formulierungen Abstand von dieser Stimme und von dieser Seite, die eben auch in dir ist.
00:06:34: Dann ergibt es da diese Stübe, die sagt.
00:06:37: Das heißt, es fällt dir ganz schwer, das anzunehmen, dass es diesen Part auch in dir gibt.
00:06:42: Und ich könnte mir vorstellen, je schwerer es dir fällt, das anzunehmen, dass es eben auch da ist, desto größer muss das werden, um seinen Platz behaupten.
00:06:50: Weil das ein ganz wichtiger Teil vielleicht, der schon eine ganze Zeit nicht anerkannt wurde und dann natürlich irgendwann Bestätigung im Außen sucht.
00:06:58: Und gleichzeitig ist es für uns als menschliche Wesen, die wir nun mal sind, auch ein ganz großer wichtiger Bestandteil anerkannt zu werden, uns gewertschätzt zu fühlen, Teil der Gesellschaft zu sein.
00:07:12: auch als attraktiv empfunden zu werden.
00:07:13: Das ist einfach ganz natürlich, darauf haben wir alle Lust.
00:07:17: Und es könnte sein, dass dieses, ich bin Feministin und ich mach mich von allem unabhängig und auf gar keinen Fall männliche Bestätigung.
00:07:26: Und das kann mir gestohlen bleiben.
00:07:28: Aus derselben Energie kommt wie, ich bin unsicher und ich brauch eigentlich männliche Bestätigung und das ist mir ganz, ganz wichtig.
00:07:35: Und das könnte auch ein Grund dafür sein, dass sich die Nasen-OP machen lassen.
00:07:40: Also das ist das Feuer.
00:07:42: Eigentlich dasselbe ist, nur in unterschiedliche Richtungen ausschlägt.
00:07:46: Ja, das ist gut möglich.
00:07:49: Okay.
00:07:50: Wollen wir da mal reingehen und die Spur verfolgen?
00:07:52: Ja,
00:07:53: gerne.
00:07:54: Wenn du zurückgehst, wie du aufgewachsen bist, was sind so prägende Momente, die dir einfallen?
00:08:00: Wie kann ich mir das vorstellen?
00:08:01: Bist du mit deinen beiden Eltern aufgewachsen?
00:08:04: Wie war deine Mutter?
00:08:04: Welche Rolle hat sie gespielt?
00:08:06: Wie war dein Papa, wenn's den gehabt?
00:08:08: Also ich bin mit Papa, Mama und meiner kleinen Schwester aufgewachsen, die ist fünf Jahre jünger.
00:08:13: Und wir hatten eigentlich so als Familiengefüge immer ein sehr, sehr harmonisches Familienleben.
00:08:18: Also muss man wirklich sagen, klar gab es hier und da, man streite rein, aber im Grunde genommen war immer alles super.
00:08:24: Die größeren Reibereien waren dann zwischen mir und meiner Mama, auf jeden Fall.
00:08:28: Und das aus verschiedenen Gründen.
00:08:30: Ich weiß, dass wir sehr ähnlich sind in gewissen Sachen und ... Das hat mich ganz lange, ganz, ganz doll gestört.
00:08:37: Also, zum Beispiel, sie ist ein sehr aufbrausender Mensch, der irgendwie schnell dann auch mich als Ursache für ihre schlechte Laune genommen hat.
00:08:46: Und das habe ich total in mich aufgenommen und gedacht, okay, ich bin verantwortlich für Mamas Gefühle.
00:08:53: wenn sie laut geworden ist, bin ich auch laut geworden.
00:08:55: Und sie hat mir dann einmal gesagt, ich darf das nicht.
00:08:58: Und das hat ein ganz komisches Gefühl in mir ausgelöst.
00:09:01: Hast du noch eine Situation, an die du dich erinnerst als Kind, wo es so war?
00:09:07: Wie das Gefühl da war von der Dynamik?
00:09:10: Eine spezifische, also so kleine Sachen ploppen immer auf.
00:09:15: Also zum Beispiel wollte sie mir, das ist eine ganz frühere Erinnerung, aber als sie mir die Uhr beibringen wollte und ich das nicht sofort so verstanden habe, wie sie mir das erklärt hat, ist sie total sauer geworden.
00:09:25: Und wenn ich dann keine Lust mehr hatte mit ihr zu üben, dann ist sie wieder sauer geworden.
00:09:29: Also es hat sich eigentlich immer hoch geschaukelt.
00:09:33: Und das ist so... Tatsächlich auch noch bis heute so.
00:09:37: Also, sie hat eigentlich nicht die Möglichkeit gehabt, sich selber zu regulieren.
00:09:40: Absolut nicht.
00:09:41: Den Part habe ich übernommen oder übernehme ihn immer noch.
00:09:43: Dass du dein Mutter regulierst, diese Form von Parentifizierung und Übernahme auch der Verantwortung.
00:09:50: Und absolut.
00:09:51: Was ja dann ganz häufig passieren kann, ist, wir sind weg von uns und sehr fokussiert auf den anderen und richten uns ganz, ganz stark nach dem anderen und speisen auch unser Gefühl von Wert.
00:10:02: aus externen Quellen und nicht aus uns heraus.
00:10:05: Ja.
00:10:05: Okay, deine Mutter mit dieser Rolle.
00:10:07: Und war es auch für dich manchmal so, dass du nicht wusstest, wann jetzt so eine Explosion kommt, oder?
00:10:14: Ja, absolut.
00:10:16: Also es kam oft sehr aus dem Nichts, sodass erst irgendwie ein, weiß ich nicht, Friede, Freude, Eier, Kuchen, Frühstück war und dann boom, fünf Sekunden später gab's irgendwas.
00:10:28: Es konnte noch so klein sein und sie ist einfach laut geworden.
00:10:33: Ja, und ausgerastet und hat halt immer externe Gründe dafür gesucht.
00:10:38: Einer davon warst du.
00:10:39: Ganz genau.
00:10:40: Und wenn ich dich jetzt frage, hast du dich sicher gefühlt als Kind?
00:10:47: Mal so, mal so, würde ich sagen.
00:10:50: Also ambivalent.
00:10:51: Ambivalent, ja.
00:10:52: Okay, mach mal bitte die Augen zu.
00:10:56: Und stell dir mal dich als sieben, achtjährige vor und schau mal, wie es war bei euch zu Hause, was du siehst.
00:11:04: Und mit was für ein Gefühl, du da durchs Haus gegangen bist.
00:11:10: Einfach das, was kommt.
00:11:12: Und wenn deine Mama auftaucht, mit was für ein Gefühl, du deiner Mama begegnet bist.
00:11:20: Wenn ich dich gleich frage, nenn einfach das erste Gefühl, was aufkommt.
00:11:24: Wie hast du dich da gefühlt im
00:11:26: Haus?
00:11:27: Vor allem angespannt.
00:11:30: Also unter einem ständigen Stress irgendwie.
00:11:36: Also nicht ... Ich hatte nicht das Gefühl, okay, ich darf so sein, wie ich gerade da bin mit allen Gefühlen, die aufkommen, sondern ich war immer eher bei meiner Mutter mit dem Gefühl und nicht bei mir.
00:11:50: Okay.
00:11:52: Anspannung und Fokus nach außen ist auf jeden Fall fernab von Sicherheit.
00:11:58: Ja.
00:12:00: Okay, das können wir jetzt schon mal festhalten, dass du dich größtenteils eigentlich nicht sicher gefühlt hast, sondern sehr ausgerichtet nach außen.
00:12:06: Stück weit auf der Hut, vielleicht auch.
00:12:08: Und gibt's den nächsten Ausraster.
00:12:11: Vielleicht auch geguckt irgendwann, wie kann ich das vermeiden?
00:12:13: durch meine Anpassung, durch meinen Verhalten.
00:12:17: Weil keine Kinder sind ja häufig so geprolt, dass sie nicht denken, Mama hat irgendwie eine Regulationsschwierigkeit oder eine Regulationsstörung.
00:12:26: Sondern ich bin schuld, dass Mama diese Ausraster kriegt.
00:12:29: Dieses Schuldgefühl ist auf jeden Fall auch sehr, sehr präsent.
00:12:33: Also, alles, was nicht.
00:12:35: Perfekt ist, was ich nicht perfekt mache, wenn ich nicht perfekt aussehe, damit ich Schuld.
00:12:42: Das ist tatsächlich auch eine sehr prägende Erinnerung, wenn ich irgendwas auch mal als Kind ein Ausraste hatte oder so was, oder mein Zimmer nicht aufgeräumt habe, was auch immer.
00:12:50: Und dann zum Beispiel Fernsehverbot bekommen habe, dann habe ich immer ganz, ganz laut gesagt, heulend.
00:12:56: Ich bin schuld, ich hab mir alles versaut, ich hab mir alles versaut.
00:12:59: Also, das ist tatsächlich sehr, sehr prägend.
00:13:02: Weil du ja früh gelernt hast, doch die Verantwortung dann dafür zu übernehmen für Dinge, die nicht in deinem Verantwortungsbereich waren, ne?
00:13:08: Ja.
00:13:09: Und ich würde sagen, da haben wir schon mal so eine eine coole Einholstück für das Feuer, was der in dir brennt, ne?
00:13:16: Was auch für diese Gap sorgt zwischen ich bin Feministin und darf mich unabhängig machen von ... den Komplimenten der Außenwelt und ich bin jemand, der sich die Nase operieren lassen hat.
00:13:33: Das ist auch dein Perfektionsstreben, was dieses Feuer am Laufen hält.
00:13:37: Ja.
00:13:39: Ihr war das mit deiner Schwester, denn wenn die Jünger war, als du, hat die das auch abbekommen.
00:13:42: Hast du dich dazwischengestellt?
00:13:44: Hast du versucht, als Puffer zu fungieren?
00:13:46: Oder war das eher so eine getrennte Welt?
00:13:50: Meine Schwester war selbst der Puffer.
00:13:52: Also, ein sehr, sehr harmoniebedürftiger Mensch wie mein Papa.
00:13:56: Also, die hat oft dann den runtergeschluckt oder jetzt nicht darauf beharrt, dass sie Recht hat, weil sie wusste, okay, wenn ich Mama das Gefühl gebe, sie hat der Recht, dann ist die Welt in Ordnung.
00:14:10: Das hat mich wiederum oft sehr wütend gemacht, weil ich dachte, ey, steh doch mal für dich ein.
00:14:15: Zeig doch mal, wo du bist, wer du bist.
00:14:18: Und das hat sie halt nicht gemacht, so mittlerweile verstehe ich auch warum.
00:14:22: Weil sie genau wusste, wenn ich so und so agiere, dann kommt das und das von Mama.
00:14:30: Also sie hat eher den Weg deines Vaters gewählt, hast du gerade beschrieben.
00:14:34: Wie war denn dein Papa so?
00:14:36: Harmonie bedürftig.
00:14:37: Ja?
00:14:38: Ja.
00:14:38: Und daraus überangepasst.
00:14:40: Ja, also, der hatte schon so seinen eigenen Willen.
00:14:43: Also, mein Papa ist zum Jahrzehntzehn gestorben, muss man dazu sagen.
00:14:46: Aber er war schon auch immer der, der dann irgendwie wieder den Frieden ins Haus geholt hat.
00:14:51: Also, superlieber, fürsorglicher, witziger, aber vielleicht doch ein bisschen angepasster Papa, der, wo ich auch immer gesagt hab, okay, ich seh keinen anderen Mann an Mamas Seite.
00:15:04: Weil das erst kalierend würde.
00:15:07: Wie meinst du das?
00:15:08: Also ... Was verbindest du da mit männlichen Attributen?
00:15:12: Das hat gar nicht unbedingt was mit männlichen Attributen zu tun.
00:15:17: Das macht es eher wütend, wenn Menschen, vor allem Papa und meine Schwester, meine Mutter, Honig um den Mund schmieren oder ihr irgendwie das Gefühl geben, sie halt recht, obwohl alle wissen, das ist nicht so.
00:15:33: Wenn er sich entschuldigt, obwohl jeder mitbekommen hat, dass Mama den Streit entfacht hat, macht mich wütend.
00:15:41: Und das würde ich jetzt nicht als männliches, sondern als menschliches wünschenswertes Attribut beschreiben.
00:15:48: Unbedingt.
00:15:49: Also er ist eigentlich nicht aufgestanden und hat klare Grenzen gezogen und hat ja damit sich selbst auch ein Stück weit immer verraten.
00:15:59: Ja, wahrscheinlich.
00:16:01: Hast du dich dadurch verraten gefühlt?
00:16:05: Weil ein anderer Papa hätte ja auch sagen können, hey.
00:16:09: Geht es so nicht, dass du so mit unserer Tochter umgehst und die Ausraste erkrist?
00:16:13: Genau, da ist die Grenze.
00:16:14: Das hat dich ja vielleicht auch ein Stück weit auf dich selbst zurückgeworfen, ne?
00:16:18: Ja, auf jeden Fall.
00:16:20: Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt mal hinterfragt habe, weil meine Mama stark die Erziehungsrolle übernommen hat.
00:16:28: würde ich jetzt einfach mal so sagen.
00:16:30: Und mein Papa natürlich auch.
00:16:31: Aber sie war schon immer die, wenn ich was wollte, dann hab ich sie gefragt.
00:16:36: Also sie war da auf jeden Fall der dominantere Typ.
00:16:40: Ja, ich glaub, ich hab das gar nicht so richtig im Bereich des Möglichen gesehen, dass er überhaupt mal was anderes sagen könnte.
00:16:47: Oder es war dann eher immer so, okay, Mama, sieht das so?
00:16:50: Deswegen sieht das jetzt auch so.
00:16:52: Hast du deinen Papa verfolgen genommen?
00:16:56: Schon.
00:16:57: Also in anderen Bereichen schon.
00:16:59: Aber das war irgendwie sehr voneinander getrennt.
00:17:02: Also, es war halt so dieses Verhältnis von, okay, Mama ist die strenge, Papa lauft alles.
00:17:07: Mit Papa kann ich irgendwie, weiß ich nicht, zu McDonalds gehen und danach einen Film gucken oder so was.
00:17:12: So, Papa war eher der für die spaßigen Aktivitäten.
00:17:16: Und ich glaub, das war auch irgendwie so ein bisschen mein Zufluchtsort im Vergleich zu diesen angespannt seilen, wenn ich mit Mama war.
00:17:25: Also bei ihm hast du dich sicher gefühlt?
00:17:27: Absolut, ja.
00:17:29: Und hast du, wenn du jetzt nochmal in diese Zeit zurückgehst und vielleicht kurz die Augen zu machst, ein Gefühl dazu, wie du dich bei deinem Papa gefühlt hast, wenn du das mal beschreiben solltest, wenn du mit ihm vielleicht auf der Straße unterwegs warst.
00:17:42: Vielleicht hat er auch deine Hand gehalten und gegangen bist.
00:17:46: Wie hast du dich da gefühlt in deinem Körper, wenn du mal wirklich auf das Körper empfinden gehst?
00:17:53: Ja, beschützt sicher.
00:17:57: Also, weil trotzdem ... Mein großer, starker Papa.
00:18:06: Hm.
00:18:08: Wie alt warst du, als du dein Papa verloren hast?
00:18:10: Siebzehn.
00:18:12: Kannst du dich noch an die Zeit erinnern?
00:18:14: Ja, leider.
00:18:16: Hm.
00:18:18: Ich mein, das war ja nicht nur der Verlust deines Papas, sondern auch ein Stück weit der Verlust von einem sicheren Pol bei dir zu Hause.
00:18:29: Und wenn man zwei Eltern hat und einer fällt weg und einer war nur die Sicherheit.
00:18:36: dann fällt ja noch viel mehr weg von dem Gefühl von zu Hause.
00:18:41: Das war wahrscheinlich sehr, sehr schwer.
00:18:43: Ja,
00:18:43: absolut.
00:18:45: Auf jeden Fall.
00:18:46: Wie habt ihr das als Familie auffangen können?
00:18:49: Kannst du dich noch an die Zeit danach erinnern?
00:18:51: Ja, sehr gut.
00:18:54: Ich frage es so explizit, weil manchmal ist es so, dass wir in schweren Zeiten noch diese Zeit ausblenden.
00:19:00: Auf der einen Seite mit sieben Jahren noch nicht so wahnsinnig lange her.
00:19:04: Und auf der anderen Seite ... kann unser emotionales Erleben und auch Dissoziationsaspekte eine ganze Menge mit uns machen.
00:19:12: Ich glaube, ich kann mich daran zu gut erinnern, weil es eine Zeit war, in der ich einfach nur funktioniert habe.
00:19:17: Also, ich habe in dem Jahr mein Abi geschrieben, ich habe das nicht nach hinten verlegt, ich habe trotzdem mal mein Abitur gemacht.
00:19:23: So, und ich habe nur eine Prüfung nach hinten verlegt.
00:19:25: Also, das war einfach nicht drin, da so richtig reinzugehen.
00:19:29: Und es war auch für mich ... psychisch gar nicht möglich, das an mich ranzulassen, weil ich sehr, sehr lange verleugnet habe.
00:19:38: Und auch Menschen einfach ganz, also als wäre es das Normale zu der Welt, sagen konnte, mein Papa ist vor ein paar Tagen gestorben.
00:19:47: Lass uns ganz kurz an der Stelle mal bleiben.
00:19:50: Ich hatte es so verstanden, dass für dich auch ein Thema ist, aus deiner Nachricht heraus, wo du die Grenze ziehst zwischen, wie möchtest du von deiner Nasen-OP brichten und wem nicht.
00:20:02: Und hier ist es auch so, dass du wenig die Grenze für dich ziehst, ne?
00:20:07: Wer möchte ich gerade davon berichten, dass ich diesen Schicksal stark hatte und wem nicht?
00:20:13: Ja.
00:20:13: Also die meisten Sachen, die wir mit uns tragen und verhalten zwar, ziehen sich wie ein roter Faden,
00:20:18: ne?
00:20:18: Ja.
00:20:19: Durch unser Leben.
00:20:20: Ich kenn das tatsächlich, dass ich sehr ... Also, ich würde mich nicht als Oversharer bezeichnen, aber ich hab sehr, sehr wenig Grenzen, was ich mit Menschen bespreche.
00:20:29: Also ...
00:20:30: Also auch wenig inneren Schutzraum für dich, ne?
00:20:32: Ja.
00:20:35: Okay, du hast funktioniert, du bist damit umgegangen, du hast dein Abitur geschrieben, hast auch das geteilt, dass dein Vater gestorben ist.
00:20:46: Ja.
00:20:47: Und hast du auch so ein Trauerprozess gehabt?
00:20:50: oder war es erst mal so, dass du funktioniert hast und einfach nach Schema X weitergemacht hast, was dir irgendwie halt gegeben hat?
00:20:58: Also ... Ich würde sagen, so ungefähr ein Jahr habe ich mich komplett abgelenkt und mit meinem damaligen Freund einfach super viel Zeit verbracht.
00:21:08: Viel, viel draußen und unterwegs gewesen, weil ich auch zu Hause gar nicht sein konnte, weil da war zu viel von seinem Wesen drin.
00:21:17: Und meine Mama und meine Schwester sind aber komplett anders damit umgegangen.
00:21:22: Also die haben ganz, ganz viel Zeit zu zweit verbracht und ... näher ausgetauscht und so, aber ich konnte das gar nicht, weil mich alles daran erinnert hat, auch die beiden.
00:21:32: Und ich weiß, dass meine Mama damals Einsatz gesagt hat, als ich dann irgendwie mal zu Hause war.
00:21:39: Und sie meinte, ich weiß nicht mehr genau, um was es ging, aber da meinte sie, ja, wir sind ja schon gar keine richtige Familie mehr, wir sind ja eigentlich nur noch wie Mitbewohner, weil ich so wenig zu Hause war.
00:21:51: Und das war echt schlimm für mich, weil ... mein Papa-Film vor ein paar Wochen gestorben ist.
00:21:59: Und dann von der Mutter zu hören, wir sind ja gar keine richtige Familie mehr.
00:22:03: War sehr, sehr hart.
00:22:05: Und in dem Moment hab ich mich überhaupt nicht wahrgenommen oder wertgeschätzt gefühlt, weil sie ihren Traubrozess als besser angesehen hat, als meine Art und Weise damit umzugehen.
00:22:20: Also das, was du ... Eigentlich schon von ihr kannte es, dass ihre Bedürfnisse an erster Stelle stecken.
00:22:26: Hast du da auch in dieser extrem emotionalen Zeit bemerkt, wo du ja wahrscheinlich auch sehr wunderabel warst, ne?
00:22:34: Ja.
00:22:35: Und du hast für dich eben einen anderen Weg gewählt.
00:22:37: Ja.
00:22:38: Mhm.
00:22:39: Das war auch ne ... Also, gut, ich hatte einen Freund, aber ... das war ne sehr einsame Zeit auf jeden Fall.
00:22:47: Ich hab nach außen hin einfach so ... das Gefühl vermittelt, als wär alles gut.
00:22:51: Ich weiß auch nicht, wie ich das gemacht hab.
00:22:53: Ich bin feiern gegangen und hab mit Freunden unternehmend so.
00:22:56: Alle waren schon total verwirrt von mir, warum ich so gut drauf bin.
00:23:01: Aber innerlich wusste ich halt oder war etwas, was einfach komplett in eine Schachtel gestopft wurde und verdrängt wurde.
00:23:11: Irgendwann kam das raus wahrscheinlich, ne?
00:23:12: Ja.
00:23:14: Wann war das?
00:23:16: Ja, ich würd sagen, circa ein Jahr später dann.
00:23:19: Also immer mal wieder, natürlich, hatte ich auch meine Momente, wo ich heulend auf dem Boden lag und das einfach überhaupt nicht greifen konnte.
00:23:29: Aber das konnte ich auch immer nur alleine und hab mich auch ein Stück weit dafür geschämt oder dafür ... Also, ich wollte einfach nicht, dass Leute mich weinen sehen.
00:23:39: Und dann, ja, später ist es so richtig hochgekommen.
00:23:43: Und da hab ich dann auch mit Therapien gefangen.
00:23:46: Mhm.
00:23:46: Ich wollte es nicht, dass Menschen sehen, dass du verletzt bist und dass du traurig bist.
00:23:52: Ist das auch was, was ich durch deine Geschichte zieht?
00:23:57: Dass du nicht in deiner Verletzlichkeit gesehen werden willst.
00:24:03: Hast du da einen Ankerpunkt zu?
00:24:04: Warum?
00:24:07: Oder wer durfte dich eigentlich schon immer in deiner Verletzlichkeit sehen?
00:24:17: Schon immer keiner.
00:24:20: Also nur du selbst.
00:24:21: Trockenweise immer mal wieder, Leute, aber ... Da ist jetzt niemand, der mir sofort einfallen würde.
00:24:28: Okay.
00:24:30: Hast du denn deine Verletzlichkeit vor dir selber zugegeben?
00:24:33: Oder war das auch schwer möglich?
00:24:38: Ja, schwer möglich.
00:24:40: Also ist das ein ganz krasser, wichtiger Part, den du eigentlich verschlossen gehalten hast, deine Berührbarkeit, ne?
00:24:47: Das kann in uns ein ganz, ganz tiefes Gefühl von Einsamkeit auslösen, weil wir nie mit der Gesamtheit von uns in Kontakt gehen.
00:24:56: Und Gefühl von Isoliertheit auch innerhalb der eigenen Familie, weil wenn man das nicht da zeigen kann.
00:25:02: Und wenn ich mir das angucke, was ich bisher von deiner Geschichte gehört habe, glaube ich, es ist eine ganz natürliche Reaktion, weil du hattest ja nicht diesen Schutzraum, wo du gemerkt hast, so, ja, hier kann ich sein.
00:25:13: und einmal innerhalb der Beziehung zu deiner Mutter, die dann immer wieder ambivalent war und... ihre Gefühle nach vorne gestellt hat und als wichtiger genommen hat, ohne wirklich ins Mitgefühl zu gehen, ohne wirklich so empathisch zu sein und auch ohne in der Lage zu sein, sich selber zu regulieren.
00:25:30: Und ich würde sagen, das ist eine wichtige Qualität, gerade beim Elternsein, um auch koregulieren zu können, das Kind.
00:25:39: Und dein Papa, der zwar ein ganz witziger und herzlicher war und bei dem du dich ... sicher gefühlt hast, aber vielleicht nicht sicher, wenn deine Mama dabei war, weil er nicht für dich eingestanden ist und keine klare Grenze gezogen hat.
00:25:56: Das kann dann dazu führen, dass wir sagen, oh, diese weichere Seite, die ich auch in mir hab, meine Verletzlichkeit, meine Vulnerabilität, die zeige ich lieber keinem.
00:26:07: Dann gehen wir aus dem Kontakt.
00:26:10: Und das kann sich sehr einsam anfühlen.
00:26:13: Hattest du das Zeitweise, dass du dich allein gefühlt hast?
00:26:17: Ja, auf jeden Fall.
00:26:20: Und vor allem auch, weil ich gar nicht wusste, wie ich in Verbindung treten kann mit anderen Leuten, weil ich mich gar nicht kannte oder nicht auf meine Intuition vertraut habe, weil es eben so viele Situationen gab, in denen vor allem meine Mutter mir das Gefühl gegeben hat, dass ich nicht auf mich vertrauen kann.
00:26:38: Also, wenn wir jetzt nochmal bei den Beinen sind, ich hab da auch eine ganz spezifische Situation im Auto, wo ich irgendwie wegen was geweint hab.
00:26:46: mich schon immer weggedreht hab, wenn ich dann weinen musste, weil ich ganz oft von ihr zu hören bekommen hab.
00:26:52: Jetzt weilen's du schon wieder, du bist so sensibel, du bist so nah im Wasser gebaut, so, es kann doch jetzt nicht wahr sein.
00:26:57: Also, ich hab sehr spezifisch auch schon das Gefühl bekommen, Wein gleich schlecht, wollen wir nicht.
00:27:03: Hat sie dir auch sogar direkt gespiegelt, ne?
00:27:05: Ja.
00:27:05: Da gibt's auch mehrere Wege, wie wir das als Kinder mitbekommen.
00:27:08: Wir sehen niemanden Wein und merken, das wird durch ... und dann tischgekehrt oder wir kriegen sogar noch On Top als Verstärker.
00:27:16: Negatives Feedback, wenn wir uns in unserer Verletzlichkeit zeigen.
00:27:19: Ja.
00:27:21: Ja.
00:27:21: Und wieder passt das zu, deine Mutter tut sich sehr schwer, damit sich zu regulieren.
00:27:26: Und wahrscheinlich, das hast du meistens in der Kombination, dann schwer, ihre eigenen Gefühle zu spüren.
00:27:32: Weil dieses imposive Verhalten deutet darauf hin, dass sie ihre Wut gar nicht z.B.
00:27:36: rechtzeitig spürt.
00:27:38: Oder, dass sich auch bei ihr die Wut über ihre eigene Verletzlichkeit legt.
00:27:41: Mhm.
00:27:41: Ja.
00:27:43: Und in dem Moment, wo das passiert, kann sie auch gar nicht deine Wut ertragen.
00:27:47: Weil was anderes wäre, neben dir zu sitzen und zu sagen, ich liege beim Autofahren meine Hand in deine Hand oder liege meine Hand auf deine Schulter und lass dich einfach mal in dem Gefühl, aber bin im Kontakt und frag dich, ob es irgendwas gibt, ob wir darüber reden wollen.
00:28:03: Aber sie schafft das anscheinend nicht oder hat es nicht geschafft, mit dir in dem Gefühl zu sein.
00:28:07: Absolut nicht.
00:28:09: Wie bist du dann in den Trauerprozess?
00:28:12: In der zweiten Stufe nach einem Jahr eingestiegen, was kam da?
00:28:15: Was haben dich dafür Gefühle begleitet?
00:28:23: Ich glaube, das waren vor allem so kleine Momente, in denen ich dann doch so ein bisschen meine Gefühle gezeigt habe.
00:28:33: Also wenig, aber ich habe sie gezeigt.
00:28:37: Und ich glaube, dass vor allem ein Auslöser war, dass ich hatte zu der Zeit auch eine Erstörung.
00:28:44: Und das haben Freunde von mir dann herausgefunden und mir das gespiegelt.
00:28:51: Und das war auch so ein Fass, was ich nie aufgemacht hab.
00:28:54: Und wahnsinnige Angst davor hatte, dass Leute das mitbekommen.
00:28:57: Und ich glaube, dieser Moment, wo Freunde merken, okay, es geht ihr nicht gut.
00:29:05: Und wir sehen das und sich gesehen fühlen.
00:29:07: Und dann aber auch zu merken, ah, die sind trotzdem noch da.
00:29:11: Selbst wenn ich mich ... in so einem Zustand zeige, in dem ich eigentlich von niemandem gesehen werden möchte.
00:29:19: Das war dann auch ein Auslöser, dass ich angefangen habe, in ganz kleinen Schritten dann immer mal wieder auch Verletzlichkeit zu zeigen.
00:29:27: Ja, da hast du gerade ein ganz, ganz wichtiges Thema aufgemacht.
00:29:32: Wir leben ja häufig mit der Illusion.
00:29:33: Wir könnten nur einen bestimmten Teil von uns zeigen, der so liebenswert ist.
00:29:37: Und deswegen sind wir auf der Bühne des Lebens und präsentieren bestimmte Facetten von uns und andere halten wir unter Verschluss.
00:29:44: Und in dem Moment, wo wir auch eine Seite von uns zeigen oder die entdeckt wird, die wir als nicht zeigenswert oder sogar als hässlich empfinden.
00:29:55: Und dann merken wir, die anderen gehen gar nicht weg, wenn sie das sehen, sondern die bleiben und halten zu uns die Beziehung.
00:30:02: Dann erfahren wir eine Form von bedingungsloser Liebe.
00:30:06: Und das ist so die Essenz auch des Menschseins.
00:30:09: Und das kann ganz viele Türen öffnen.
00:30:10: Und es hat anscheinend bei dir dafür gesorgt, dass du gesagt hast, ich zeig mich mehr auch in dem.
00:30:16: War das so was Intuitives oder hat das auch, würdest du sagen, die Therapie mit sich gebracht?
00:30:25: Weil in der Therapie wird ja ganz häufig genau dieser Prozess begleitet.
00:30:28: So ein Kernbaustein von Therapie.
00:30:31: Ich würde sagen beides.
00:30:32: Also es war schon irgendwie was, wo ich wusste im Kern.
00:30:37: Das würde mir gut tun, aber es ist immer noch mit ganz, ganz, ganz viel Angst und Unsicherheit begleitet.
00:30:44: Weil dieses Mantra,
00:30:46: ich
00:30:47: bin nicht bedingungslos, liebenswert, ist einfach so fest in mir drin, dass es jedes Mal auch wieder so ein bisschen Verwunderung in mir aufwühlt, wenn ich mich zeige und dann denke, warum bist du noch da?
00:30:59: Also, kann auch gar nicht sein.
00:31:00: Hast du nicht auch gewusst?
00:31:03: Ja.
00:31:03: Warum sind die anderen auch noch da?
00:31:07: Und in diesem Trauerprozess hast du dann mehr und mehr von dir gezeigt und von dem, wie es dir auch innerlich geht.
00:31:13: Und wie war das?
00:31:14: Was hast du dafür Erfahrung gemacht?
00:31:16: Vielleicht auch in Bezug auf deine Mama und deine Schwester, vielleicht deinen Fingerfreundeskreis.
00:31:23: Vielleicht warst du gerade in einer Partnerschaft.
00:31:26: Sehr zu meiner Verwunderung, Verbundenheit.
00:31:30: Also genau das.
00:31:32: ist eingetreten, von dem ich eigentlich nicht dachte, dass es eintreten kann.
00:31:35: Dass wenn ich mich verletzlich zeige, dass die Leute bleiben oder man sogar noch eine engere Verbindung schafft.
00:31:43: Also, das war sehr zu spüren.
00:31:46: Kann ja auch ein ganz heißer Prozess sein, wenn du in deinem System und in deinem Blick auf die Welt, die sich aus ... auch deiner Geschichte gespeist hat, eigentlich gelernt hast.
00:32:01: Ich laufe immer ... Gefahr aus der Verbindung genommen zu werden.
00:32:04: Und das ist so das tödlichste Gefühl für Kinder, aus der Verbindung zu geraten.
00:32:07: Und das kann in Mikroschritten passieren.
00:32:09: Das passiert heute jeden Tag, wenn Eltern zu sehr am Handy sind oder wenn wir ständig abgelenkt sind, sind wir immer aus der Verbindung.
00:32:17: Oder in großen Schritten, wenn diese Ausraster kommen, wie sie von deiner Mama kamen, immer wieder aus der Verbindung gerissen zu werden und dann zu merken, ich möchte bestimmte Teile von mir nicht zeigen, weil das zu schmerzhaft ist oder weil sie auch.
00:32:30: Wer bald diskreditiert wurden von meiner Mutter Heuler und ich schon wieder, oder warum weinst du denn jetzt schon wieder?
00:32:35: Ja.
00:32:36: Und dann in deinem tiefsten Schmerz dich zu zeigen und eine andere Erfahrung zu machen, war das mit deiner Mama eher so, mit Freunden oder mit deiner Schwester?
00:32:47: Was würdest du sagen?
00:32:49: Also am sichersten habe ich mich auf jeden Fall mit meinen Freunden gefühlt.
00:32:53: Das war so der Anfang.
00:32:56: Und ... Bei meiner Schwester und meiner Mutter fällt es mir tatsächlich echt noch mal sehr viel schwerer, solche Dinge zu teilen.
00:33:05: Also, bei meiner Mutter noch ein Stück mehr als mit meiner Schwester.
00:33:11: Aber ich hab ihnen zum Beispiel auch Anfang diesen Jahres erst von der Erstörung erzählt.
00:33:16: Und das war für mich ... Also, ich hab unter Tränen wirklich da gesessen und dachte so, Gott, die werden mich mit ganz anderen Augen sehen, wenn ich ihnen das jetzt erzähle.
00:33:29: weil mir das so unangenehm war und so ... ja, so Scham besetzt einfach.
00:33:35: Das war extrem heilsam, weil meine Mutter tatsächlich meinte, sie wusste das.
00:33:41: Sie hat das mitbekommen.
00:33:42: Wollte aber nichts sagen, weil es in der Zeit war, wo mein Papa gestorben ist, und sie mich nicht noch mehr ...
00:33:48: ja.
00:33:50: Also sie wollte nicht, dass ich noch verletzlicher bin, weil ... Sie wahrscheinlich im Gespür dann doch hatte, dass das einfach ein sehr sensibles Thema ist.
00:34:00: Und das hat echt richtig, richtig gut getan im Nachhinein.
00:34:05: Und ja, ich bin sehr, sehr stolz darauf, dass ich das geteilt hab, weil das einfach wie so ein riesengroßes Geheimnis war, was ich immer mit mir rumgetragen hab.
00:34:16: Und das war schon sehr, sehr heilsam zu merken, okay.
00:34:22: Die beiden sehen mich nicht mit anderen Augen.
00:34:24: Die sitzen da, halten meine Hand und sind gerade mit mir in diesem Schmerz.
00:34:31: Und das ist okay.
00:34:34: Und das stellt auf jeden Fall auch viel Beziehung her, ne?
00:34:38: Ja,
00:34:39: absolut.
00:34:39: Das ist nicht der Weg, ist ganz häufig den wir vermuten, indem wir immer besser werden und immer toller und perfekter und alles richtig machen und dann ... In irgendeiner Weise sehen uns die Leute und sagen, okay, cool, mit dir möchte ich in Verbindung sein, sondern dass es auch oft umgekehrt sein kann oder dass der Weg umgekehrt ist, nämlich.
00:35:00: Ich zeig mich in dem, wie es mir wirklich geht, auch wenn ich auf den Knien bin, auch wenn es mir hundeübel geht, auch wenn ich sehr, sehr traurig bin und werde in dem Moment aufgefangen, dass das Verbindung auch ist.
00:35:12: Absolut.
00:35:13: Und ich glaube, an der Stelle ... findet in uns eine erlernte Verwechslung zwischen ... ... Bewunderung und Anerkennung ... ... und wirklicher Verbindung und Liebe statt.
00:35:25: Weil in dem Moment, wo du dich so perfekt zeigst, ... ... mit einem perfekten Wertesset, ... ... mit einem perfekten Lebenslauf, ... ... alles kriege ich hin.
00:35:35: und ja irgendwie kommen wir da schon durch und so.
00:35:38: Es ist nicht eine Begegnung auf Augenhöhe.
00:35:41: Du bist ja mit dem Thema dieses ... Teilen's gekommen.
00:35:44: auch, mit wem sollst du was teilen und mit wem nicht?
00:35:48: Wenn du von deiner Nasen-OP berichtest oder von dem, was dir mit deinem Papa widerfahren ist, dass er gestorben ist, würdest du sagen, du bist in dem Moment angebunden oder ist es wie so ein Mechanismus, der erzählt?
00:36:04: Also es ist verschieden, aber eher so ein Mechanismus.
00:36:07: Also bei meinem Papa noch mehr.
00:36:09: Auf jeden Fall, da komme ich in so einen Modus, als würde ich von einem Film erzählen.
00:36:14: Und das hat nichts mit mir zu tun, gerade ... Weil da auch einfach diese Angst ist, oh Gott, wenn ich mich jetzt wirklich mit mir selbst verbinde, dann verliere ich die Kontrolle und dann könnte halt alles passieren.
00:36:24: Dann könnte ich in Strömen, Tränen da sitzen oder schreien oder was auch immer.
00:36:29: Und davor habe ich Angst.
00:36:31: Und deswegen lieber kontrolliert und ...
00:36:34: Diese Forte.
00:36:34: ... mit Abstand.
00:36:35: Auf
00:36:36: eine indirekte Art und Weise verschlossen halten, ne?
00:36:38: Ja.
00:36:39: Dadurch, dass du es wie so ein Film ablaufen lässt, wo du gar nicht richtig angebunden bist.
00:36:44: Genau,
00:36:45: ja.
00:36:46: Mhm.
00:36:48: Und bei der Nasopä, würde ich sagen, da war ich schon mehr mit mir in Verbindung, weil ich es auch vor allem mit sehr, sehr engen Freunden geteilt habe.
00:37:00: Aber je weniger eng die waren und je weniger sie auch davon wussten, dass ich das seit mehreren Jahren auch schon plane, dass du mehr bin, ich da auch wieder in ... So
00:37:10: eine Unverbundenheit
00:37:12: gegangen.
00:37:14: Und deine Frage war ja so ein bisschen, warum du das erzählt bzw.
00:37:20: warum du da so einen Druck empfindest, das auch erzählen zu müssen und das auch immer wieder tust.
00:37:25: Obwohl das ja vielleicht manche Menschen gar nichts angeht und das auch gar keiner bemerken würde und das auch die Information eigentlich gar nicht braucht, aber warum ist das so eine Meldepflicht in dir?
00:37:36: Schaut mal, was ich gemacht habe.
00:37:41: Was vermutes du, was dein erster Impuls der dir kommt?
00:37:45: Ich hatte das Gefühl, ich würde lieben.
00:37:47: Oder würde vorspielen, jemand zu sein, der ich nicht bin.
00:37:51: Weil du diese andere Nase hast?
00:37:53: Ja.
00:37:57: Ist wie so eine Form von Aufrichtigkeit?
00:38:02: Ja, und weil es mich auch an früheres Gefühl erinnert.
00:38:05: Weil ich mich vor allem als Kind Jugendliche so sehr angepasst habe und ... eben alles dafür getan habe, um nicht Ablehnungen zu erfahren.
00:38:16: Und überhaupt nicht wusste, was ich jetzt eigentlich toll finde, was für Outfits ich toll finde und so was, sondern eher sehr mit dem Strom geschwommen bin, sehr darauf geacht habe, was kommt bei anderen gut an und hab mich in dem Moment komplett verloren.
00:38:31: Und das hat sich ganz falsch und unauthentisch angefühlt.
00:38:35: Und war ein komisches Gefühl, weil ich auf der einen Seite dadurch ... mit anderen Menschen in Verbindung treten wollte.
00:38:44: Auf der anderen Seite war ich aber so unauthentisch, dass das gar nicht möglich war.
00:38:51: Und dieses Gefühl von Unauthentizität kommt jetzt wieder.
00:38:57: Also, lass mich das nochmal zusammenfassen.
00:38:59: Du, wie wir alle anderen auch, hattest einfach den wundlichen Kontakt zu treten.
00:39:05: Hast dich dann sehr stark angepasst, so wie du das vielleicht von zu Hause auch in der Beziehung mit deiner Mutter kannte.
00:39:11: Das ist so das, was ich machen muss, um in Kontakt zu sein.
00:39:15: Wir lernen unser Beziehungsmuster meistens mit unseren primären Bezugspersonen.
00:39:19: Und wenn wir da einen bestimmten Tanz erlernt haben, dann versuchen wir diesen Tanz immer zu replizieren, weil den können wir schon.
00:39:25: Und dann zwingen wir der Welt auch ein Stück weit unseren Tanz auf oder suchen wir uns Orte, wo der Tanz auch schon getanzt wird.
00:39:32: Und das findet sich dann häufig auch in den Liebespartnern wieder, die wir uns suchen, wo wir das in irgendeiner Weise leben können.
00:39:39: Und du hast dich sehr unauthentisch schon gefühlt.
00:39:41: Also du hattest eigentlich ein klares Gefühl zu dem, was du bist und das dann Diskrepanz gibt.
00:39:47: Und auch das ist ja ganz klar, in dem Moment, wo wir uns nicht so zeigen, wie wir sind und nur mit so einem Teil von uns in Kontakt gehen oder mit so einem gespielten Teil begegnet der andere Mensch immer, dem Schauspieler, der Rolle, die wir spielen, aber nicht uns selber.
00:40:01: Und das kann wirklich so ein Gefühl in uns auslesen, wir werden gar nicht gesehen, sondern ... das, was ich da draußen mache.
00:40:07: Das haben auch manchmal ganz erfolgreiche Menschen, dass sie sich gar nicht gesehen fühlen, sondern denken, okay, nur der Erfolg wird beklatscht.
00:40:15: Prominente Leute, die dann immer mehr in diese Rolle verfallen, weil die denken, okay, das ist das, was Anerkennung bekommt.
00:40:23: Und der Weg raus, den hast du ja ein Stück weit schon gefunden, mit der Selbstoffenbarung.
00:40:29: Die große Frage ist jetzt, wo ist für dich eigentlich dein Schutzraum?
00:40:35: wo du selber auf dich aufpasst, ne?
00:40:38: Den hattest du ja nie so richtig für dich entwickeln können und behaupten können, ne?
00:40:45: Also ich hab bei allem eigentlich oder vielem immer das Gefühl, ich müsste mich rechtfertigen.
00:40:53: Sogar vor dir selber, ne?
00:40:54: Also Nasen-OP und dann feministisches Gedankengut passt in deiner Welt ja nicht so zusammen.
00:41:00: Ja, genau.
00:41:02: Lassen Sie sich Feministinnen in Deiner Welt nicht die Nase auferieren?
00:41:05: Nee, das geht gar nicht.
00:41:09: Außer medizinische Indikationen.
00:41:10: Ganz genau.
00:41:13: Da ist es in Ordnung.
00:41:15: Und ist das so, wenn ihr jetzt mal so ruhig drauf
00:41:17: guckt?
00:41:17: Nein.
00:41:19: Und bei allen anderen bin ich auch viel weniger strenger als mit mir.
00:41:23: Aber bei dir bist du ganz strenger.
00:41:24: Das geht nicht.
00:41:27: Was würde dann passieren, wenn es doch gehen würde?
00:41:33: Ich würde mich sehr frei fühlen und weniger ängstlich.
00:41:37: Also es hat ja auch mit viel Angst zu tun im Endeffekt.
00:41:41: Da habe ich auch gemerkt, so dieser Rechtfertigungsdruck, der kommt ja aus Angst, wie nennt man das?
00:41:47: Am Ende aus Angst vor Abweisung.
00:41:48: Genau.
00:41:49: Ja, genau.
00:41:52: Also mach nochmal bitte die Augen zu und stell dir mal vor, dieser Rechtsfertigungsdruck wär nicht mehr da, dass du dir erlaubst, einfach ganz ganz frei zu sein.
00:42:03: in Deine Entscheidung mit dem, was Du möchtest, auch wenn Du Dir die Nase operieren möchtest, auch wenn Du einfach bestimmte Dinge an Dir verändern möchtest.
00:42:13: Stell Dir mal vor, Du wärst einfach frei in dem, was Du machen möchtest.
00:42:19: Auch frei in dem zu entscheiden, ob Du jetzt was teilen möchtest oder nichts teilen möchtest.
00:42:25: Wie wäre so eine Welt, in der Du morgen aufwachst?
00:42:29: Was hätte sich verändert?
00:42:32: In der Qualität der Beziehung, in deiner Wahrnehmung von der Welt, in deinem Gedankengut, in deinem emotionalen Erleben.
00:42:43: Ich hatte auf jeden Fall mehr Energie, weil ich die Energie nicht auf dieses Grübeln was denken jetzt andere über mich oder was denke ich selber über mich verwenden würde.
00:42:56: Also, es hat sich gleich so ein sehr freies und fast schon surreales Gefühl in mir ausgebreitet, hab ich gemerkt.
00:43:03: Also, bisschen wie so, das kann doch jetzt nicht sein, dass ich einfach machen darf, was ich möchte, auf einmal.
00:43:09: Und das völlig in Ordnung ist.
00:43:10: Und ich muss mich von niemandem rechtfertigen.
00:43:12: Oder ich muss es nicht anderen Menschen recht machen.
00:43:16: Also, es wär ... ja, nur sehr ... ein großes Spielwiese, eigentlich.
00:43:23: Wie
00:43:23: so ein Abenteuerplatz.
00:43:24: Ja,
00:43:24: genau, genau.
00:43:26: Und ich weiß auch, ich fühle mich im Allerwurzeln, wenn ich authentisch bin.
00:43:29: Und wenn ich überlege, dass ich dieses Gefühl jeden Tag jede Sekunde haben könnte, das wär schon toll.
00:43:39: Und gleichzeitig gibt's da was in dir, was sich immer wieder an Handschellen legt, ne?
00:43:43: Ja.
00:43:44: Und eigentlich nicht so mit dir umgeht wie mit einer guten Freundin, sondern eher sehr starkes Perfektionsstreben hat.
00:43:52: So musst du sein, damit du dazugehören darfst.
00:43:55: So musst du sein, damit du auf der Spielwiese des Lebens mitspielen darfst.
00:43:58: Ja.
00:43:59: Das legt dir auch irgendwie so eine Bleiwester an, ne?
00:44:01: Ja,
00:44:02: ja.
00:44:02: Was dich nicht freie agieren lässt.
00:44:06: Und das ist eben auch ganz viel Angst wieder, dass sonst die anderen Kinder auf der Spielwiese sein würden, du darfst nicht mitspielen.
00:44:14: Du bist nicht so und so, deswegen geht das nicht.
00:44:21: Wir können von hier aus ein paar Wege gehen.
00:44:24: Wir können uns... orientieren an dem Gefühl, was aufkommen kann, dass du weißt, wonach du suchen kannst hier und jetzt und in der Zukunft.
00:44:34: Wir können aber auch in deine Vergangenheit reisen.
00:44:37: Welcher Weg ist dir lieber?
00:44:39: Ich glaub Vergangenheit, weil ich dieses Gefühl schon ... doch ganz gut kenne.
00:44:44: Also dieses Gefühl, dass ich anstrebe.
00:44:48: Aber da trotzdem noch diese ... ja, Angstbleiweste ist, die mich dann doch immer mal wieder zurückzieht.
00:44:54: Ja, und die kann auch vor einer Sorge ... enttäuscht zu werden, noch an dir anhaften.
00:45:01: Und so sage ich, oh Gott, nee, nee, nee.
00:45:03: Und diese alten Muster, die wir gelernt haben, die wirken auch einfach noch nach.
00:45:07: Das ist wie so eine Selbsthypnose, die wir irgendwann mal auswendig gelernt haben, die wir uns jeden Tag wieder selber einsprechen.
00:45:15: Ja.
00:45:16: Ja.
00:45:18: Okay.
00:45:19: Na gut.
00:45:21: Magst du die Augen zu machen?
00:45:24: Wenn du an die Momente denkst, wo du als Kind dich nicht sicher gefühlt hast, ne?
00:45:30: Dieses Gefühl von Anspannung hat es in deinem Körper auch aus ein bisschen auf der Hut sein.
00:45:35: Was kommt dir als erstes für einen Moment?
00:45:39: Was
00:45:39: ist die Situation?
00:45:40: Kontakte mit vor allem Jungs in der Schule.
00:45:46: Okay, Kontakte mit Jungs in der Schule.
00:45:48: Das hat dir Anspannung bereitet?
00:45:49: Absolut.
00:45:51: Okay, hast du einen spezifischen Kontaktmoment?
00:45:54: Sind recht viele.
00:45:57: Es hat sich bis zur Oberschule durchgezogen.
00:46:01: Aber doch einen Moment habe ich auf jeden Fall.
00:46:05: Okay, beschreib gerne mal den Moment und vielleicht auch, wie du dich da gefühlt hast, wie alt du warst, was du gesehen hast, wie dein emotionales Erleben war und war dein Körper angespannt.
00:46:16: Wie hat er darauf reagiert, was du da erfahren hast?
00:46:20: Das war in der Grundschule, vielleicht so, das fünfte Klasse.
00:46:27: Ich stand da mit meinen damaligen besten Freundinnen und dann ist ein Junge vorbeigekommen, vor dem ich wirklich Angst hatte.
00:46:39: Es war auch so ein bisschen der Raudi in unserer Klasse, sag ich jetzt mal.
00:46:44: Aber die anderen Mädels haben alle eher probiert.
00:46:47: mit ihm gut zu sein und sich nicht dagegen gestellt.
00:46:49: Und meine beiden Freundinnen wurden dann von ihm zu seinem Geburtstag eingeladen und haben sich den ganzen restlichen Tag darüber unterhalten, was ihm schenken werden.
00:47:00: Und dann hab ich gefragt, ob ich denn auch eingeladen sei, ob ich auch kommen darf.
00:47:05: Und er meinte, er hat mich mit so einem abschätzigen Blick angeguckt und meinte so, nein, du bist doch nicht eingeladen.
00:47:13: Und meine beiden ... besten Freundinnen stand daneben und haben nichts gesagt und sich eher gefreut, dass sie aber die außerwählten sind, die kommen dürfen.
00:47:24: Und das war so, so schrecklich für mich in dem Moment, weil es erstens eine riesengroße Ablehnung von ihm war und gleichzeitig zu merken, okay, selbst meine besten Freundinnen stehen in dem Moment nicht hinter mir, sondern ihnen ist viel wichtiger, was er von ihnen hält.
00:47:43: Das war ... Ja, sehr, sehr prägend.
00:47:46: Hm.
00:47:48: Ja, hast du dich da gefühlt im deinem Körper als Mädchen?
00:47:51: Hm.
00:47:52: Änderst du dich noch an das Körpergefühl so?
00:47:55: Dein Herz, wie es geschlagen hat?
00:47:57: Vielleicht auch Anspannung oder Entspannung im Körper?
00:47:59: Hm.
00:48:00: Wie deine Hände sich angefühlt haben?
00:48:02: Also, sehr ... Mir wurde sehr heiß.
00:48:05: Ich war sehr, sehr angespannt von Kopf bis Fuß und auch so ein bisschen leer.
00:48:11: Also, ja, wie so ein ... Blackout irgendwie, weil ich das gar nicht so richtig fassen konnte.
00:48:18: Ohne Macht und Scham.
00:48:19: Auf jeden Fall.
00:48:20: Scham.
00:48:21: Richtig großes Schamgefühl.
00:48:22: Und ja, so ein Gefühl von ... Ja, ich gehör nicht dazu.
00:48:27: Ich bin nicht wie die anderen Mädels.
00:48:29: Ja.
00:48:29: Mhm.
00:48:31: Bleibt mal in dem Moment in der Scham.
00:48:35: Und guckt dann auf beiden Freundinnen an.
00:48:38: Und den Jungen.
00:48:39: vielleicht intensiviert sich dieses Gefühl der Scham noch.
00:48:45: Und ... Vielleicht spürst du es auch im Körper.
00:48:47: Und jetzt lasst dich mal auftauchen als Erwachsener, die du ja heute jetzt hier bist.
00:48:57: Wo siehst du dich?
00:48:59: Als Erwachsener.
00:49:01: Dort in dem Szenario.
00:49:04: Daneben stehen und ihm sagen, dass es echt nicht cool war von ihm.
00:49:12: Wenn du dich umdrehst zu dir, weil du kannst ihm eine Grenze ziehen.
00:49:17: Du kannst auch für dich sorgen in dem Moment.
00:49:22: Ich würde mich in den Arm nehmen und sagen, du mit dem willst du sowieso nicht befreundet sein.
00:49:33: Hast du gar nicht nötig.
00:49:36: Und wenn du mit fühlst, mit dir bist?
00:49:40: Das ist schon schwieriger.
00:49:44: Schau dir mal die Kleine an, wie sie sich gerade fühlt.
00:49:48: Und wie sie ganz, ganz viel charm in sich hat.
00:49:50: Und charm ist immer das Gefühl von... Ich habe keine Existenzberechtigung.
00:49:55: Ich darf nicht sein.
00:49:56: Schuld ist, ich habe eine falsche Handlung gemacht.
00:49:57: Charme ist, ich bin falsch.
00:50:00: Ich bin falsch und darf nicht so sein.
00:50:03: Wie begegnest du ihr in diesem Gefühl?
00:50:06: Ich würde es in den Arm nehmen und dir sagen, dass sie richtig ist, so wie sie ist.
00:50:12: Ich war auch ganz gemutig von ihr zu fragen, ob sie mit auf dem Geburtstag sein darf.
00:50:18: Weil sie hat sich das ja auch gewünscht, irgendwie dazu.
00:50:23: Und du kannst dir das innerlich mal sagen.
00:50:25: Also wenn du möchtest, musst du es gar nicht aussprechen.
00:50:29: Wenn du in dieses Bild gehst, in diese Szene, in deine Vergangenheit und die scheint dir auch noch nachzuwirken, ne?
00:50:36: Mhm.
00:50:40: Richtig, wie du bist.
00:50:43: Und ich mag dich genauso.
00:50:48: Oder was dir kommt für dich, ne?
00:50:50: Dafür kannst du dir im Moment Zeit nehmen.
00:51:01: Wenn du merkst, dass es sich gut anfühlt, dass du dich ko-reguliert hast, dann komm gerne zurück.
00:51:14: Mhm.
00:51:14: Wie war das grad für dich?
00:51:17: Sehr emotional.
00:51:21: Weil ... Dieser einen Satz sehr viel, also ich merke, dass er sehr, sehr viel Druck von meinen Schultern nimmt.
00:51:29: Und aber auf der anderen Seite auch so eine Unglauben, weil ich den Satz einfach nie gehört habe.
00:51:33: und also ich habe richtig gemerkt, gerade wie denn auch irgendwas in mir so den Haken sucht.
00:51:41: Es kann doch nicht so einfach sein.
00:51:43: Einfach, also du musst nichts machen.
00:51:45: Du bist einfach gut so wie du bist, aber trotzdem auch so ein sehr... wohliges, warmes Gefühl, das da ausgelöst wird, wenn ich das zu mir sage.
00:52:02: Und ich kann es auch glauben.
00:52:04: Und du kannst das auch eben fühlen, ne?
00:52:06: Weil das ist viel, viel wichtiger.
00:52:07: Ja,
00:52:08: ich kann es fühlen, ja.
00:52:10: Ja,
00:52:11: die Gefühle, Form, unsere neuronalen Verbindung haben aller Schnetzen.
00:52:19: Viel, viel schneller als unsere Gedanken.
00:52:22: Und auch müsste es fühlen immer so wichtig, auch von unserer Vergangenheit, dass wir uns an den Orten abholen, wo wir uns sehr verlassen und verloren gefühlt haben.
00:52:31: Und da kann uns wenig abholen außer wir selber.
00:52:36: Und vielleicht hast du für dich jetzt auch ein paar Perspektiven gefunden, warum diese Diskrepanz ganz schön schwer für dich ist.
00:52:45: Dieses, ich mache etwas, ich habe vielleicht ein Stück weit das Gefühl, ich mache es für die Außenwelt und andererseits passt das mit Wert nicht zusammen.
00:52:54: Und wie viel von dem, was ich in mir hab, ist auch einfach eine Schutzfunktion.
00:53:01: Wenn ich da weicher mit mir in Verbindung gehe und mir selber meine Verletzlichkeit zugestehe.
00:53:08: Und das auch in Portionen, so Teile mit Menschen, die mir wichtig sind.
00:53:12: Das heißt jetzt nicht, dass man überall das machen muss, sondern auch so in deinem Tempo, in Baby-Schritten, sag ich immer.
00:53:20: das mehr und mehr in dein Leben zu integrieren, auch die Selbstoffenbarung, so wie du das möchtest und fühlst, dafür brauchst du die Verbindung zu dir, um dann in dem Moment spüren zu können, möchte ich das jetzt eigentlich gerade und nicht wie so ein Reflex dann immer wieder kommen zu lassen.
00:53:35: Das wird dir Stück für Stück mehr Kontakt zu dir geben, mehr Selbstvertrauen auch, weil da gibt es was, was auf dich aufpasst, in der Vergangenheit durch dieses Zurückreisen und im Hier und Jetzt Und was für dich wart als erwachsene Person, weil heute bist du ja eine erwachsene, kompetente Frau.
00:53:58: Ja.
00:53:59: Die das kann.
00:54:01: Ja.
00:54:01: Und die so durchs Leben schreitet.
00:54:05: Wo bist du gerade?
00:54:05: Wie fühlst du dich?
00:54:06: Und was nimmst du für dich mit, wenn du das so nachwirken lässt?
00:54:12: Also, ich bin tatsächlich sehr überrascht, wie viele Tränen heute geflassen sind.
00:54:17: Ich freue mich aber auch sehr,
00:54:19: weil ...
00:54:20: Wie schon gesagt, es mir gar nicht so einfach fällt, das zuzulassen und da ins Fühlen zu kommen.
00:54:29: Und ich glaub, das ist auch das Größte, was ich mit rausnehme, wie unfassbar wichtig es ist, zu fühlen und auch die Vergangenheit fühlen zu dürfen.
00:54:39: Und
00:54:40: ja, das nicht von sich abzugrenzen, sondern das als Teil von sich und seiner Lebensgeschichte zu akzeptieren.
00:54:49: Mhm.
00:54:51: Ja, schön.
00:54:52: Ja.
00:54:53: Und damit sind wir dann mehr und mehr integriert.
00:54:55: Und integriert können wir mehr und lebendiger das Leben wahrnehmen.
00:55:01: Ein Grund, warum sich, glaube ich, viele so heutzutage gehetzt und isoliert fühlen und einsam.
00:55:06: Das weiß ich gar nicht so einen richtigen Kontakt zu sich und ihren Gefühlen haben und damit auch gar nicht zur Welt.
00:55:11: Ja.
00:55:12: Dankeschön.
00:55:12: Danke.
00:55:14: Das war die Sitzung mit Luna und wenn du sagst, oh ja, ich würde auch gerne mal hier ein Gespräch führen.
00:55:19: Ich habe ein Thema, was ich hier gerne mit reinbringen möchte und damit auch teilen möchte und da vielleicht neue Facetten zu gewinnen möchte, neue Perspektiven, dann schreib mir gerne an bestatbestefreundem.de mit dem Betreff Jakobsweg und dann hören und sehen wir uns hier hoffentlich in der Sitzung.
00:55:36: Und natürlich freue ich mich, wenn ihr dem Podcast weiter empfehlt.
00:55:39: und eine Bewertung hinterlasst.
00:55:40: Da, wo es möglich ist, auf dem bekannten Plattform, auf Apple Podcast, auf Spotify, weil das hilft, den Podcast auch für andere wiederzufinden.
00:55:49: Und ich glaube, es ist immer gut, auch in die Geschichten von anderen Menschen einzutauchen, weil man da viel über sich lernt.
00:55:56: Lieben Dank, dass wir Zeit verbringen können.
00:56:00: Das war der Jakobsweg.
00:56:02: An dieser Stelle noch einen herzlichen Dank an Annalena Böcke für die Redaktion zu dieser Folge und an Floristan von Chama und Posten für den Schnitt
00:56:10: und das Sounddesign.
00:56:11: Eine Produktion von Auf die Ohren.
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